Georg Brandes: Der Wahrheitshass.

Über Deutschland und Europa 1880 – 1925. Rezension

Aber wenn die Menschen schweigen, werden die Steine reden.“[i]

Vor Kurzem habe ich euch den dänischen Gelehrten und Schriftsteller Georg Brandes als Literaturkritiker vorgestellt. Heute möchte ich euch die Sammlung „Der Wahrheitshass“ empfehlen, für die verschiedene Aufsätze, Notizen und Essays von Brandes aus den Jahren 1880 bis 1925 von Hanns Grössel ausgewählt und kommentiert wurden.

Die im Berenberg-Verlag erschienene Sammlung „Der Wahrheitshass“ umfasst 21 Texte, die auf drei Kapitel verteilt sind. Die Texte behandeln kulturelle und politische Ereignisse in Deutschland und Europa und skizzieren aufgrund des gewählten Zeitraums u.a. den Weg Europas in den ersten Weltkrieg.

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Buchempfehlung: Die romantische Schule in Deutschland.

Von Georg Brandes

In „Wie der Tod ins Leben kam“ schildere ich an Beispielen aus der deutschsprachigen Literaturgeschichte, wie sich die Vorstellungen vom Todeszeitpunkt und damit die Idee, wo das Sterben beginnt und wo es endet, im Laufe der Jahrhunderte gewandelt haben. Auch der deutschen Romantik ist darin ein Kapitel gewidmet und während ich dafür recherchierte, bemerkte ich, dass in mir starke Abneigung gegen das „romantische Gemüt“ aufkam, dessen Vertreter“ mir mehr und mehr wie Unheil verkündende Priester erschienen, die das Leben unter ihrer romantisierten Todessehnsucht leugneten und erstickten.

Wie groß war dann meine Überraschung, als ich dieser Tage das mehr als 150 Jahre alte Werk des dänischen Literaturkritikers Georg Brandes las, der meine Wahrnehmung und Einschätzung der deutschen Romantik in vielfacher Hinsicht bestätigt.

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Buchempfehlung: Der unartigste Junge der Welt

Verdens uartigste dreng – ein dänisches Kinderbuch von Kim Fupz Aakeson (Autor) und Rasmus Brenhøi (Illustration)

Wer ist eigentlich artiger – ein Junge, der lügt, oder ein Junge, der die Wahrheit sagt? Und was wäre, wenn man in der Schule nicht die Wahrheit, sondern das Lügen lernen würde?

In dem dänischen Kinderbuch „verdens uartigste dreng“ stellt Kim Fupz Aakeson die vermeintlich einfachsten Annahmen über die Welt und über den Versuch, sich moralisch richtig zu verhalten, auf den Kopf. Denn Svend Bendt, die Hauptperson des Buches, hat ein Problem: Er kann nicht lügen. Und weil er nicht lügen kann, gilt er als unartig. Obwohl es doch eigentlich heißt, dass man immer die Wahrheit sagen soll. Oder?

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Rezension: Sixten & Elvira

Historien om et mord. Af Kathinka Lindhe

War es Liebe oder die Geschichte einer narzisstischen Unterwerfung? War es am Ende ein gemeinsam geplanter Selbstmord oder Mord? Elvira Madigan und Sixten Sparre, die Seiltänzerin und der Leutnant aus altem schwedischen Adelsgeschlecht, gehören zu jenen historischen Liebespaaren, die Romantiker gern in eine Reihe mit Romeo und Julia oder Abaelard und Heloise stellen. Schon der Titel, den die schwedische Verfasserin und Urenkelin von Sparre für ihre eigene Veröffentlichung wählte, lässt ahnen, dass sie zu einem gänzlich anderen Ergebnis gelangt. Oder?

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Leseempfehlung: Oh, dieses Dänisch!

Ein unterhaltsamer Sprachführer von Reinhard Behr

Schon lange wollte ich Dänisch lernen und vor wenigen Wochen habe ich endlich begonnen – zunächst mal im Selbststudium. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass ich die Sprache relativ rasch erlernen würde – zumindest, um mich im Alltag halbwegs verständigen zu können. Die Grammatik ist einfach, der Wortschatz ähnelt in vielem dem Deutschen und Englischen. Wenn da nur nicht die Aussprache wäre!

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Leseempfehlung: Alltagsmenschen

Ein Roman von Carry Brachvogel

Ein Ehebruch im gutbürgerlichen Milieu Münchens gegen Ende des 19. Jahrhunderts; eine übersättigte Gesellschaft, die sich ihre eigenen Skandale schafft, um nicht an Langeweile zugrunde zu gehen: Der Stoff, den Carry Brachvogel in ihrem Debütroman „Alltagsmenschen“ verarbeitete, ist es gewiss nicht, der mich dazu bewegt, das Buch als Lektüre zu empfehlen.

Was also begeistert mich an einem Erstlingswerk, über das die Autorin selbst später sagte, dass es „Gott sei Dank verschollen“ sei? Davon erzähle ich in diesem Beitrag.

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Leseempfehlung: Wie AI die Demokratie unterwandert

– und was sich dagegen tun lässt. Von Mark Coeckelbergh

In welchem Verhältnis stehen künstliche Intelligenz (KI, englisch: artificial intelligence, kurz AI) und Demokratie zueinander? Kann eine Technologie, die von wenigen Techkonzernen entwickelt wird, demokratischen Prinzipien entsprechen? Wer entscheidet, in welche Richtung deren Entwicklung gehen soll? Deutet sich gegenwärtig nicht bereits an, dass AI vor allem ein hervorragendes Mittel zur Manipulation und Desinformation ist? Untergräbt AI die Grundlagen und Werte unserer Demokratie?

In „Why AI undermines Democracy and what to do about it” verspricht der aus Belgien stammende Technikphilosoph Mark Coeckelbergh Antworten auf diese und weitere Fragen. Warum ich das Buch empfehle, obwohl ich es mit großer Skepsis gelesen habe, erzähle ich im folgenden Beitrag.

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Maya Angelou zum Geburtstag

Heute ist der Geburtstag von Maya Angelou, die so viele Berufe und Talente hatte, dass man viele Zeilen damit füllen könnte, sie aufzuzählen. Bekannt dürfte sie in Deutschland vor allem als Schriftstellerin sein. Aufgewachsen in den 1930er Jahren hörte sie nach einem traumatischen Erlebnis für mehrere Jahre auf zu sprechen. Doch irgendwann entdeckte sie die Lyrik als Ausdrucksmittel, das ihrem kämpferischen wie ihrem poetischen Lebensgefühl entsprach.

Das folgende Zitat stammt aus dem Gedicht „Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“. Denselben Titel trägt auch Angelous Autobiografie. Eine vorschnelle Interpretation wird zu dem Schluss kommen, dass Angelou in ihrem Gedicht den freien Vogel, der es wagt, die Freiheit zu leben, dem gefangenen Vogel vorzieht, der nur von der Freiheit singt. Doch so einfach scheint mir dessen Aussage nicht.

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Leseempfehlung: „Ein Mann seiner Klasse“

Ein autobiografischer Roman von Christian Baron

Es brauchte nur wenige Zeilen, schon konnte ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Aus dem Hinterkopf vernahm ich die üblichen Einwände – die Arbeit, die Steuererklärung, die Einkäufe, die Wäsche … Doch meine Antwort war eindeutig: Muss warten. Morgen ist auch noch ein Tag. Warum das die richtige Entscheidung war, erzähle ich in diesem Beitrag.

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Ostern oder die ewige Frage: Wann ist der Mensch tot?

In wenigen Tagen feiert die Christenheit Ostern und damit die Wiederauferstehung eines Totgeglaubten. In „Wie der Tod ins Leben kam“ gehe ich auch auf die Entstehung dieses Glaubens an die Wiederauferstehung ein, die meiner Ansicht nach dazu geführt hat, dass eine wunderbare Begebenheit zu einem Wunder hochstilisiert wurde. Mit der Folge, dass gerade die „Botschaft“ Jesu in ihr Gegenteil verkehrt wurde. Denn die Hoffnung derer, die an die Wiederauferstehung glauben, richtet sich letztlich auf einen jenseitigen Gott, statt auf Menschen, die jetzt und hier dessen Wirkmacht bewahrheiten.

Schmähe ich dadurch den christlichen Glauben? Verbünde ich mich mit jenen, die darin nur etwas Lächerliches sehen wollen? Das liegt nicht in meiner Absicht. Nicht der Glaube wird geschwächt, wenn man die Ereignisse anders einordnet, sondern die Macht jener, die die Deutungshoheit darüber an sich gerissen haben. Deshalb gebe ich im Folgenden einen Auszug aus dem dritten Kapitel wieder, das vom Sterben und vom Tod in der christlichen Literatur des frühen Mittelalters handelt. Und ich wünsche euch allen frohe und gesegnete Ostern!

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