Dorothea Brande: Schriftsteller werden. Rezension

Gibt es eine Zauberformel, um erfolgreiche Schriftstellerin zu werden? In ihrem erstmals 1934 erschienenen Schreibratgeber „Schriftsteller werden“ gibt die Autorin Dorothea Brande eine verblüffende Antwort: Ja, es gibt sie. Und sie lässt sich sogar lehren und erlernen. Damit widerspricht sie so ziemlich allem, was mir aus Anleitungen zum „kreativen Schreiben“ bekannt ist. Ein Grund mehr, sich diesen durchaus ungewöhnlichen Ratgeber anzuschauen.

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Verschwörer sind immer die anderen

Über den Sinn mythischer Sprechweisen und den Unsinn, sie faktisch widerlegen zu wollen

Alle reden über Verschwörungsmythen, aber natürlich sind es immer die anderen, die sie verbreiten. Doch was ist eigentlich ein Mythos? Schon in den 1950er Jahren befasste sich mit dieser Frage der französische Literaturwissenschaftler Roland Barthes und kam zu dem banal anmutenden Ergebnis, dass der Mythos eine Aussage sei. Eine Aussage allerdings, die sich stets in der Schwebe befindet, die sich weder am sprachlichen (oder bildlichen) Zeichen festmachen lässt, noch im Inhalt aufgeht oder in dem, worauf sie deutet.

Was haben uns Barthes Texte für die heutige Mythenbildung noch zu sagen? Und warum betreffen seine Thesen nicht etwa nur die “Ungebildeten” oder “Verschwörungserzähler”, sondern auch die professionellen Vermittler von Wirklichkeit und Wissenschaft?

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Buchempfehlung: Der abenteuerliche Simplicissimus von H. J. Chr. von Grimmelshausen

Stell dir vor, es ist Krieg und du wirst aus deiner geschützten Umgebung vertrieben. Du findest dich in einem gesellschaftlichen Wandel wieder, in dem nichts mehr ist, was es gestern noch schien. Neue Zünfte und Stände bilden sich heraus, neue Formen der Kommunikation erfassen Sprache, Ökonomie, Wissenserwerb und Wissensvermittlung ebenso wie deine Selbstwahrnehmung und deine persönlichen Beziehungen.

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Buchempfehlung: Die Künstliche Intelligenz des Kapitals von Timo Daum

„Wir sollten die Begriffe lieber vermeiden und stattdessen von Software mit Trainingsdaten-Analyse sprechen […]“.

Was ist eigentlich Intelligenz und wie lässt sich der Begriff auf eine Software übertragen? Was bedeutet Lernen in diesem Zusammenhang? Wem gehören die Daten, die von digitalen Plattformen eifrig gesammelt werden, und wie lassen sich Prozesse, bei denen künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen soll von der Gesellschaft kontrollieren und steuern?

„Wenn heute von Künstlicher Intelligenz die Rede ist, dann in den allermeisten Fällen von einem Teilbereich, der sich mit maschinellem Lernen überschreiben lässt. Mit Patrick Langley könnte man diese auf spezialisierte Aufgaben trainierten kognitiven Systeme als ‚gelehrte Idioten‘ (idiots savants) bezeichnen, die zwar eine besondere Begabung in einem bestimmten Feld aufweisen, außerhalb desselben aber zu nichts zu gebrauchen sind.“ 

Auf gerade mal 190 Seiten führt der Physiker und Hochschullehrer Timo Daum seine Leser in die Welt der künstlichen Intelligenz ein. Gut geschrieben und mit einer Fülle an Informationen versehen liefert er einen Überblick über die Geschichte des maschinenbasierten Lernens, erläutert wichtige Begriff und stellt klar, warum das Thema derzeit so brisant ist, dass alle Welt darüber spricht.  

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Buchempfehlung: Junge Dichtung aus Lettland.

Zweisprachiges Lesebuch Deutsch/Lettisch. Übersetzungen von Kristaps Grasis. Verlag hochroth.

Was zeichnet die Dichtung eines Landes, einer Sprache aus? Gibt es Gemeinsamkeiten, ein verbindliches Thema? Als Rezensentin muss ich mich vielleicht gerade vor verallgemeinernden Aussagen hüten, die letztlich nur zeigen, was ich wahrgenommen, welchen Gedichten und Geschichten ich besondere Aufmerksamkeit geschenkt habe. Die Lektüre dieses kleinen, aber vielseitigen Gedichtbandes mit Werken zeitgenössischer Dichter und Dichterinnen aus Lettland bestätigt mir das einmal mehr. Doch greifen wir nicht vor.

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Buchempfehlung: Corpus Delicti von Juli Zeh

Nebst einem eigenen Abstecher in Sachen Gesundheitspolitik.

(Erste Veröffentlichung dieses Beitrags erfolgte 2019)

Erst nannten wir es Christentum, dann Demokratie. Heute nennen wir es METHODE. Immer absolute Wahrheit, immer das reine Gute, immer das zwingende Bedürfnis, die ganze Welt damit zu beglücken. Alles Religion. Weshalb sollte sich ein Ungläubiger wie Sie für eine Spielart des immer gleichen Irrtums stark machen?“ (Juli Zeh: Corpus Delicti. Ein Prozess.)

Mit diesen Gedanken konfrontiert die Protagonistin Mia Holl aus Juli Zehs Roman „Corpus Delicti“ ihren Widersacher, Heinrich Kramer, der die Provokation erkennt, aber dennoch verspricht, Milde walten zu lassen. Wie überhaupt fast alle in diesem Buch so unfassbar bemüht sind, das Gute, das Richtige, das Verständige zu tun, auch wenn es letztlich dazu führt, dass Unschuldige sterben und sich Fortschritt, Aufklärung und Mitleid in eine düstere Triade verwandeln, der ein Einzelner nichts mehr entgegenzusetzen hat. Denn wo alle einer Methode folgen, die einzig und allein das Richtige vorgibt, da wird jeder Fehler, jeder Ausbruchsversuch aus dem Rationalen zur Ketzerei.

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Buchbesprechung: Im Schatten des Todes

Eine Novelle von Rūdolfs Blaumanis

14 Fischer und zwei Pferde befinden sich auf dem Eis in der Bucht von Riga. Die Männer werfen ihre Netze aus und bemerken erst zu spät, dass sich die Scholle, auf der sie stehen, vom Ufer gelöst hat und aufs offene Meer zutreibt. Einer versucht noch ans Ufer zu kommen, ertrinkt aber in dem eiskalten Wasser.

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Buchempfehlung: Erwachen im 21. Jahrhundert von Jürg Halter

Roman, Zytglogge Verlag 2019

Kaspar erkennt seine Wohnung als Kopf, durch den er in diese Nacht geht, taumelt, stolpert, fällt. Seine Wohnung als Kopf, durch den er gehetzt wird, sich hetzen lässt.

Kaspar, der Protagonist aus Jürg Halters Roman „Erwachen im 21. Jahrhundert“, schreckt im Juni 2018 aus einem Traum hoch. Es ist noch Nacht, aber er steht auf, bereitet sich auf seine Abreise vor, die ihn nach Brest führen soll zu „den anderen“.

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Buchempfehlung: James N. Frey: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt.

Übersetzt von Ellen Schlootz und Jochen Stremmel. Emons-Verlag 1993.

Wie schafft man runde Figuren und wie entsteht eine spannende Story? Was genau ist eine Prämisse, der sich jeder Roman zu unterwerfen hat, und wofür sollte sie gut sein? Warum ist es für geniale oder zumindest talentierte Schreiber oft viel schwieriger, einen Roman zu verfassen, als für disziplinierte Arbeitstiere? Weshalb ist es so wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein, wenn man einen guten Roman schreiben will?

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