Entwurf eines Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-CoV-2 (SARSCovImpfG)

Was drinsteht – und was eher nicht

Am 17. März 2022 wird im Bundestag über einen Gesetzentwurf abgestimmt, der eine allgemeine Impfflicht gegen Corona für Menschen ab 18 Jahren vorsieht. Die Impfflicht umfasst alle Erwachsenen, die ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ seit mindestens sechs Monaten in Deutschland haben. Diese sollen bis zum 1. Oktober 2022 nachweisen,  dass sie

  • dreifach mit einem in Europa zugelassenen Vakzin gegen Covid geimpft sind oder
  • zweifach geimpft sind und einmal (durch PCR-Test bestätigt) an C19 erkrankt waren.

Ausgenommen sind lediglich Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen sowie Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel, was bedeutet: ab dem vierten Monat wird auch für Schwangere eine Impfpflicht bestehen.

Im Folgenden habe ich für Euch zusammengefasst, was der Entwurf vorschlägt, wie er dies tut und was nicht drinsteht.

1. Was sieht der Gesetzentwurf vor?

Der Gesetzentwurf sieht eine Pflichtimpfung für alle in Deutschland lebenden Personen ab 18 Jahren vor. Die Ausnahmen habe ich oben bereits erwähnt. Die Nachweise sollen gegenüber der Krankenversicherung erbracht werden. Diese fordert sie an, speichert sie, soll sie „zumindest stichprobenhaft prüfen“ und Informationen weiterleiten.

Speicherung

Der jeweilige Status soll auch in den elektronischen Patientenakten erfasst werden, weshalb die Krankenkassen bis Oktober für jeden Versicherten eine solche Akte bereitstellen müssen. Normalerweise erfolgen Einträge in diese Akte nur auf Anforderung durch die Versicherten, in diesem Fall müssen sie einem Eintrag jedoch aktiv widersprechen.

Weiterleitung

Die Krankenkassen sind zudem verpflichtet, die personenbezogenen Daten an ein „Forschungsdatenzentrum“ weiterzuleiten. Privatversicherer müssen die Anschriften von volljährigen Personen weiterleiten, die Mitglied über eine Familienversicherung sind.

Kontrolle

Bestehen Zweifel an der Richtigkeit eines Nachweises, kann dem Entwurf zufolge eine ärztliche Untersuchung der betreffenden Person angeordnet werden. Verfällt ein bereits erbrachter Nachweis, weil er „seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert“, muss binnen eines Monats ein neuer Nachweis vorgelegt werden.

Meldung

Geht kein Nachweis ein, sind die Krankenkassen verpflichtet, dies an die zuständige Behörde zu melden. Die zuständige Behörde wird der Person dann eine Frist setzen, bis wann sie den Nachweis nachreichen kann. Kommt sie dem nicht nach, wird ein „Bußgeld- oder Verwaltungszwangsverfahren“ eröffnet und es wird die Zahlung eines Zwangsgeldes festgelegt.

Zwangsgeld

Die Höhe dieses Zwangsgeldes wird nicht benannt. Nach derzeit noch geltendem Recht beläuft sich ein Zwangsgeld auf eine maximale Höhe von 25.000 Euro und kann mehrfach angeordnet werden. Es wird allerdings zumeist mit Blick auf das vorhandene Einkommen entschieden. Eine Haftstrafe, die in anderen Fällen bei Nichtzahlung vorgesehen ist, wird hier ebenso wie eine Erzwingungshaft ausgeschlossen.

Ermächtigung

Der Entwurf legt darüber hinaus fest, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, „durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Anforderungen an einen Impf-, einen Genesenen- und einen Testnachweis zu regeln, sofern diese abweichenden Anforderungen für die jeweils betroffenen Personen vorteilhaft sind.“ Dazu gehören die Intervallzeiten, die Anzahl der erforderlichen Impfungen, die möglichen Kombinationen von Impfstoffen sowie weitere Nachweismöglichkeiten.

Kurz und gut: „Durch Artikel 1 Nummer 2 bis 4 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.“

2. Welche Zielsetzung nennt der Gesetzentwurf und wie wird argumentiert?

„Der Gesetzentwurf bezweckt eine Steigerung der Impfquote im Personenkreis der Menschen über 18 Jahre.“

Keine klaren Zielsetzungen

Konkreter wird es leider nicht. Im Gegenteil. Begründung und Zielsetzung dieses Gesetzesentwurfes bleiben im Ungefähren. Es wird einleitend vermerkt, dass Covid zu den „ansteckendsten“ Krankheiten gehört, von denen jeder irgendwie betroffen ist. Es wird zudem eingeräumt, dass das Risiko an einem schweren Verlauf zu erkranken, sich durch die Verbreitung von Omikron verringert und die Zahl der Krankenhauseinweisungen sich mehr als halbiert habe.

Dem werden zwei Argumentationsstränge gegenübergestellt:

Zum einen wird erneut ein Szenario dessen entworfen, was zukünftig möglich sein könnte: neue Mutationen, Überlastung, weitere Einschränkungen. Diesem Szenario und nicht der aktuellen Situation wird dann gegenübergestellt, dass man es durch die Pflichtimpfung mit „hochwirksamen“ Impfstoffen „nachhaltig“ verhindern könne.

Gerade diese „Nachhaltigkeit“ der „hochwirksamen“ Impfstoffe hat sich jedoch als trügerisch erwiesen, wie sich im Entwurf nachlesen lässt – wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit:

Verschleiernde Formulierungen

„Keine der bisher aufgetretenen Varianten von SARS-CoV-2 weist bzw. wies Eigenschaften auf, die zu einem kompletten Verlust der Wirksamkeit der in Deutschland verfügbaren Impfstoffe führten. Insbesondere die Effektivität bei der Verhinderung von schweren Verlaufsformen der SARS-CoV-2 Infektion (z.B. Hospitalsierungen [sic!]) war bzw. ist im Vergleich zum Wildtyp bei Varianten bislang nur wenig abgeschwächt und liegt bzw. lag bei 80-90% während die Effektivität gegen jegliche Infektion bereits bei der Deltavariante und deutlicher bei der Omikron-Variante nachgelassen hat, jedoch durch die Auffrischimpfung im Beobachtungszeitraum von 10 Wochen erneut auf 50-60 % gehoben werden konnte.“ (Hervorhebungen von mir)

Das heißt im Umkehrschluss: Alle Varianten wiesen Eigenschaften auf, die zu einem Verlust der Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe führten.Die Effektivität hat bereits bei der Deltavariante und deutlicher bei der Omikron-Variante nachgelassen. Durch die Auffrischungsimpfung konnte sie für einen Zeitraum von 10 Wochen auf 50-60 % angehoben werden. Es wird dem möglichen Bedrohungsszenario und dem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit also eine verpflichtende Impfung mit Impfstoffen gegenübergestellt, die so schlecht nun auch nicht sind.

Und so geht es Satz um Satz, Absatz um Absatz weiter. Jede und jeder, der auch nur im Ansatz mit Wissenschaftssprache vertraut ist, erkennt die Schwächen dieses Entwurfes sofort. Mal „muss davon ausgegangen werden, dass“, mal „könnte es sein, dass“, hier „unterstreichen die Daten“ (nicht die Verfasser) etwas oder „legen es nahe“, dort wird „im besten Fall“ etwas erreicht. Studien werden nicht zitiert, sondern als Literaturangabe eingefügt oder verlinkt. Aus einer dänischen Studie werden nur Teilergebnisse benannt, die in die „Gesamtschau“ passen.

Insgesamt scheinen die Verfasser des Entwurfes von der Idee getrieben, dass einzig und allein der Impfstatus über den weiteren Verlauf der Pandemie und den Krankheitsverlauf des Individuums entscheidet. Dennoch wird in keiner Zeile eine gesicherte Erkenntnis oder ein konkretes Ziel benannt und entsprechend auch keine Zusicherung gegeben, dass sich die Impfpflicht in der gewünschten Weise auswirkt.

Unter „Alternativen“ werden – mit Ausnahme von Medikamenten, die der Allgemeinheit nicht zur Verfügung stehen – daher auch keine Alternativen im eigentlichen Sinne diskutiert. Stattdessen wird dargelegt, dass man bereits alles Erforderliche unternommen habe, um Menschen von der Wirksamkeit der Impfstoffe zu überzeugen. Rückblickend hat es somit die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden, niemals gegeben.

3. Was steht nicht im Gesetzentwurf?

Insgesamt überrascht die Rhetorik und Argumentation nicht, denn aus dem Entwurf geht ebenfalls hervor, dass eine „Gesamtschau verfügbarer Daten“ eben nicht die Analyse belastbarer Daten ersetzt. Diese fehlen nämlich, auch das lässt sich dem Entwurf entnehmen, bisher immer noch.

Ebenfalls nicht benannt werden die Kosten, die durch die Umsetzung einer solchen Impfpflicht entstehen werden. Dazu heißt es: Es entstehen „Bürokratiekosten in nicht quantifizierbarer Höhe“. Allein im „Bereich der Bundespolizei entsteht Erfüllungsaufwand […] in Höhe von rund 520.000 Euro“.

Zu den dringenden Fragen, auf die der Gesetzentwurf ebenfalls keine Antwort gibt, gehört zudem:

  • Wer die Impfungen an (geschätzten) 5 bis 10 Millionen Erwachsenen durchführen wird, von denen 60 % bereits erklärt haben sollen, dass sie sich nicht impfen lassen wollen.
  • Wie hoch die Zahl der zu erwartenden Nebenwirkungen sein wird und in welcher Intensität sie zu erwarten sind.
  • Was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn auf 5 bis 10 Millionen Menschen ein solcher Druck ausgeübt wird.
  • Was wir tun, wenn sich herausstellt, dass die Impfquote trotz dieses Drucks nicht wesentlich steigt und/oder sich weitere Mutationen als unbeeindruckt vom deutschen Gesetzentwurf erweisen? Weiter zwangsimpfen? Wie oft?
  • Ob man „vulnerablen Gruppen“ wirklich einen Gefallen tut, wenn man behauptet, sie durch eine Impfung zu schützen, die „Risiken verringert“, aber Infektionen und Transmissionen nicht verhindert. Oder ob man sie nicht erneut mit einer solch verengten Perspektive betrügt.
  • Wann das Ziel, eine „höhere Durchimpfung“ zu bewirken, erreicht ist. Wie hoch muss die Impfquote sein?
  • Was geschieht, wenn sich beim nachträglichen Durchzählen der Geimpften und Genesenen herausstellt, dass dieses Ziel längst erreicht wurde.

Fazit: krönender Abschluss eines irrationalen und polarisierenden „Pandemie-Managements“

Zwei Jahre Pandemie sind an niemandem spurlos vorbeigegangen. Die Jahre, Wochen, Tage haben an negativen Auswirkungen nicht allein Krankheit und Tod im Gepäck gehabt, sondern auch Jobverluste, Schulausfälle, Hasstiraden, Entzweiungen, Einsamkeit. Sie mögen für den einen oder die andere zu persönlichen Glücksmomenten oder einer spirituellen Erweckung geführt haben. Doch für alle gilt: Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen und eine rote Linie kann man nur in eine Richtung überschreiten. Es gibt kein Zurück.

Wir haben heute noch die Wahl, diese Linie nicht zu überschreiten und ebenso wie Nachbarländer in bedachtsamen Schritten unser aller Leben neu zu ordnen sowie die Gespaltenheit zu akzeptieren. Wir waren schon immer eine in viele Gruppen gespaltene Gesellschaft. Und das hat nicht nur Nachteile. Denn wo sich vermeintlich alle einig sind, herrschen meist keine guten Sitten und Gebräuche vor.

Stattdessen peitscht der Entwurf weiter aufs Pro versus Contra ein. Die Verfasser spalten nicht, sie polarisieren, indem sie sich weigern, anzuerkennen, dass der Impfstatus nur ein Aspekt unter vielen ist, die für das Pandemiegeschehen und den Zusammenhalt der Gesellschaft eine Rolle spielt. Sie verweigern damit genau jene Gesamtschau, von der sie behaupten, dass sie zu diesem Entwurf geführt habe.

Mich allerhöchstpersönlich hätte vermutlich auch ein anderer Gesetzentwurf nicht überzeugt, weil ich klar gegen eine Impfpflicht bin (und das ist keine Empfehlung pro oder contra Impfung!). Aber ich hätte mir von einigen der Mitunterzeichner und Unterzeichnerinnen erhofft, dass sie ihren Respekt vor Menschen, die eine Impfpflicht ablehnen, zumindest durch eine besonders sorgfältige Darlegung ihrer eigenen Gründe und Zielsetzungen zum Ausdruck bringen. Das ist nicht der Fall.

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