Deutsche Grammatik: Das Verb

Teil 1: Verwendung, Konjugation, Hilfs- und Modalverben

Wer auf dieser Seite regelmäßig mitliest, weiß es bereits: Ich versuche gerade, eine Grammatik zu schreiben. In Kapitel I geht es um das Verb und um die Frage, was es alles Wunderbares leistet, ohne dass wir dies im Alltag zu würdigen wüssten. Abschnitt 1 behandelt die Bildung der Personalformen und geht auf Hilfsverben sowie die Modalverben ein. Ergänzungen, Kritik, Lob oder Fragen sind willkommen, nutzt dafür gern die Kommentarfunktion.

I Man kann nicht nichts tun: Verben und ihre Bedeutung für die Satzaussage

Gehen, sitzen, laufen, tragen, fragen, antworten, verstehen, nehmen, zuhören – von morgens bis abends sind wir damit beschäftigt, etwas zu tun. Sogar dann, wenn wir vermeintlich nichts tun, wenn wir schlafen, chillen, pausieren, abhängen oder Löcher in die Luft starren.

Wörter, die benennen, was wir gerade tun oder erleben, nennt man Verben. Verben können neben Handlungen auch Geschehnisse und Abläufe näher beschreiben: Etwas fängt an oder hört auf, verläuft, blüht oder verwelkt, donnert oder zischelt, fällt herab oder öffnet sich.

Das Verb antwortet also auf die Frage: Was geschieht gerade? Oder modern ausgedrückt: Was geht ab?

Aber das Verb kann noch viel mehr. Verben sind wie Regentinnen im Satz, die uns viel zu sagen haben, aber auch über vieles entscheiden:

  • Wer spricht oder über wen/was wird gesprochen?
  • Wie viele sind daran beteiligt?
  • In welcher Zeit ereignet sich das? Geschieht es jetzt, morgen oder ist es schon Schnee von gestern?
  • Reden wir über Tatsächliches oder über nur Gedachtes?
  • Bestimmen wir oder fragen wir höflich?
  • Geben wir eine Einschätzung oder eine Aufforderung ab?
  • Aus wessen Perspektive betrachten wir das Geschehen?
  • Ist es ein aktives Geschehen oder ist es ein passives Erleiden?
  • Welche Ergänzung brauchen wir, um den Satz weiterführen zu können?

Ganz schön viele Aufgaben, die so ein Verb übernimmt, oder? Ich staune jedes Mal, wenn ich mir vorstelle, was in unserem Hirn alles geschieht, damit wir nur einen einzigen grammatisch korrekten Satz ins Leben entlassen können. Nur: In Wirklichkeit geschieht vermutlich viel weniger, als wir denken. Denn als Muttersprachler haben wir unsere Erstsprache nicht als Regelwerk erlernt, sondern über die Herausbildung von Vermutungen und Analogien. Wir haben bestenfalls ein Gespür für das Regelwerk – und können es daher anwenden, ohne die Regeln überhaupt zu kennen.

Ohne nachzudenken, sagen wir daher komplizierte Dinge wie: Ich schreibe einen Brief an meinen Vorgesetzten. Kein Muttersprachler denkt, während er diesen Satz sagt: Oh, ich brauche jetzt ein Verb in der 1. Person Einzahl, Indikativ aktiv, das eine präpositionale Ergänzung im Akkusativ regiert. Jedenfalls ist mir so etwas noch nicht zu Ohren gekommen. Ganz anders ist es für all jene, die Deutsch als Fremdsprache erlernen. Sie müssen jede einzelne Regel zur Bildung des Verbs kennen und einpauken. Und oft ist es gerade das sture Pauken, das verhindert, ein Gespür für die Sprache und ihre Regeln zu bekommen. 

Einfacher ist das Erlernen der Regeln, wenn sich diese in den unterschiedlichen Sprachen ähneln. Dann müssen die Lernenden nicht mehr verstehen, dass es eine solche Regel gibt, sondern nur noch, wie die Formen gebildet werden. Schwieriger ist das, wenn es eine solche Konjugation in der Ausgangssprache nicht gibt – wie zum Beispiel im Chinesischen. Auch das Englische verfügt über keine ausgeprägte Kennzeichnung von Person und Numerus am Verb – den bekannten Lernsatz „he, she, it, das s muss mit“ mal ausgenommen.

Daher schauen wir uns die einzelnen Regeln zur Konjugation, zu den Satzbauplänen, Aussageformen und zur Bedeutung von Verben und Vorsilben im Deutschen jetzt mal genauer an. Warum sagen wir im Deutschen nicht „Ich schreib Brief Vorgesetzter“, sondern mühen uns mit Konjugationen, Deklinationen und „Signalwörtern“ ab? Los geht’s.

Wer spricht? Über wen oder mit wem sprechen wir? Die Personalendungen des Verbs

Ich gehe, du schläfst, er lacht, sie spricht, es regnet, wir sehen, ihr esst, sie laufen, Sie nehmen: Verben benennen, was das Subjekt des Satzes gerade tut oder erlebt. Das Subjekt ist die Person oder Sache, über die etwas ausgesagt wird. Nach diesem Subjekt fragen wir mit den Fragewörtern „Wer oder was“.

Wenn wir über etwas oder jemanden sprechen, verwenden wir als Subjekt Nomen(gruppen) oder die Pronomen er, sie, es, sie (Plural). Die Sonne scheint./Sie scheint. Die Wahlen sind am Sonntag. Sie sind am Sonntag. Der Film gefällt mir gut. Er gefällt mir gut. Jan geht zum Sprachkurs. Er geht zum Sprachkurs.

Eine Besonderheit stellt hier das Personalpronomen „es“ dar. Es kann sich auf ein Nomen beziehen, das grammatisch als Neutrum definiert ist: Das Kind spielt. Es spielt. „Es“ kann aber auch ein Platzhalter sein, weil wir das Subjekt nicht genau benennen können. Denn wer sorgt beispielsweise dafür, dass „es“ regnet? Der Regen? Das Klima? Der Wettergott?

Mit den Personalpronomen können wir zugleich den Sprechakt signalisieren. Wir

  • sprechen von uns selbst in der Einzahl (ich) oder Mehrzahl (wir).
  • sprechen jemanden an (du/Sie oder ihr).
  • sprechen in der Einzahl (er, sie, es) oder Mehrzahl (sie) über etwas oder jemanden.

Oft sprechen wir aber über Ereignisse oder Geschehen wie das Wetter, die Wahlergebnisse oder die neueste Netflix-Serie. Um die Nomen nicht ständig wiederholen zu müssen, können wir ebenfalls Personalpronomen verwenden:

Der (junge) Mann erklärt mir, was ich schon weiß. –> Er erklärt.

Die (in viele Teile geschnittene) Pizza schmeckt abscheulich. –> Sie schmeckt.

Das (kleine) Kind freut sich auf seinen Geburtstag. –> Es freut sich.

Die Leute reden so viel. –> Sie reden.

Bildung der Personalendungen

An der Personalendung des Verbs zeigt sich also, wer spricht, angesprochen wird oder über wen/was wir sprechen:

gehen

ich geh-e                                                         wir geh-en

du geh-st                                                        ihr geh-t

er/sie/es geh-t                                              sie/Sie geh-en

Diese Endungen werden gebildet, indem wir zunächst von der Grundform des Verbs (Infinitiv) die Endung -en streichen und dann die Personalendung anfügen: gehen: ich geh-e, du geh-st, er/ sie/ es geh-t …

Verben, die auf -ten oder -den enden

Manchmal können wir die Personalendung nicht einfach anhängen, sondern fügen ein zusätzliches e ein. Das geschieht, um die Aussprache zu erleichtern bei Verben, die auf -ten oder -den enden.

Wie angenehm das ist, erkennst du, wenn du versuchst, die folgenden Wörter ohne ein eingeschobenes e auszusprechen:

du arbeitst, er/sie/es arbeitt, ihr arbeitt

du sendst, er/sie/es sendt, ihr sendt

Daher lauten die Personalendungen hier:

ich arbeit-e, send-e                                      wir arbeit-en, send-en

du arbeit-est, send-est                               ihr arbeit-et, send-et

er/sie/es arbeit-et, send-et                      sie/Sie arbeit-en, send-en

Verben, die auf -rn oder -eln enden

Nicht alle Verben enden in der Grundform auf -en, manche enden auf -rn oder -ln. Diese Grundform bleibt daher auch in der ersten und dritten Person Plural erhalten.

Verben auf -rn

jemanden ärgern

ich ärger-e                                                      wir ärger-n

du ärger-st                                                     ihr ärger-t

er/sie/es ärger-t                                           sie /Sie ärger-n

Verben auf -eln

handeln

ich hand-le*                                                                  wir handel-n*

du handel-st                                                                 ihr handel-t

er/sie/es handel-t                                                        sie/Sie handel-n

* Früher hat man in der ersten Person das e mitgesprochen: Ich handele, ich lächele, ich bastele etc. Im modernen Deutsch entfällt dieses e meistens.

Und warum gibt es überhaupt verschiedene Endungen in der Grundform? Verben mit der Endung -rn oder -ln wurden nicht erfunden, um dich zu quälen. Die Endungen signalisieren, dass etwas wiederholt oder mit einer gewissen Dauer geschieht. Sie geben einen Rhythmus oder ein Tempo vor, ein Rattern und Knattern beispielsweise oder ein Zaudern und Zögern. Oder sie möchten, dass du dir ein wenig mehr Zeit fürs Streicheln, Handeln und Lächeln nimmst. Häufig übernehmen Vorsilben diese Funktion – darauf gehe ich später noch ein. Bei bestimmten Verben hat sie sich aber am Wortende behauptet, auch wenn sich das Deutsche so herrlich zum Nuscheln und Verschlucken der Endsilben eignet.

Verben mit Vokalwechsel (Ablaut)

Ich esse, aber du isst. Ich nehme, aber du nimmst. Ich laufe, aber du läufst. Ja was soll denn das nun schon wieder bedeuten? Rein formal: Manche Verben ändern bei der Konjugation in der zweiten und dritten Person Einzahl ihren Stammvokal, sie haben also unregelmäßige Formen. Folgende Vokalwechsel kommen(nach Häufigkeit sortiert) vor:

a –> ä

e –> i/ie/ieh

au –> äu

ä –> i

o –> ö

Beispiele:

fahren: ich fahre, du fährst, er/sie/es fährt, wir fahren, ihr fahrt, sie/Sie fahren

laufen: ich laufe, du läufst, er/sie/es läuft, wir laufen, ihr lauft, sie/Sie laufen

nehmen: ich nehme, du nimmst, er/sie/es nimmt, wir nehmen, ihr nehmt, sie/Sie nehmen

sehen: ich sehe, du siehst, er/sie/es sieht, wir sehen, ihr seht, sie/Sie sehen

stoßen: ich stoße, du stößt, er/sie/es stößt, wir stoßen, ihr stoßt, sie/Sie stoßen

Das Gute daran: Ein solcher Vokalwechsel ist sehr selten. Von o zu ö kommt er nur bei dem Verb stoßen vor. Von au zu äu findest du den Ablaut bei laufen und saufen. Von ä zu ie geht es nur bei gebären.

Etwas häufiger ist der Vokalwechsel bei unregelmäßigen Verben mit Stammvokal a oder e. Viele davon gehören zum Grundwortschatz, präge dir die Formen daher unbedingt ein.

Merke: Nicht alle unregelmäßigen Verben ändern ihren Stammvokal. Aber alle Verben, die ihren Stammvokal ändern, bilden auch unregelmäßige Vergangenheitsformen (fahren – fuhr – gefahren). Es lohnt sich also doppelt, sich die Verben gut einzuprägen.

Die Gründe für den Vokalwechsel würden uns tief in die Sprachgeschichte und in die vielen Dialekte führen, aus denen das Deutsche als „Hochsprache“ gebildet wurde. Diese sind speziell im Süden sehr viel vokalreicher als im Norden. Aber ich denke, für eine Handvoll Ausnahmen lohnt es sich nicht, danach zu graben.

Hilfsverben und Modalverben

Vorweg: Vollverben können für sich allein stehen, um eine Satzaussage zu treffen: Ich fahre Fahrrad, du schreibst ein Buch, er nimmt den Bus. Die sogenannten Hilfsverben und die Modalverben nutzen wir, um Zeiten zu bilden oder die Satzaussage zu verändern. Alle Hilfsverben können aber auch als Vollverben verwendet werden, also als einziges Verb im Satz vorkommen: Ich habe kein Auto. Ich bin Texterin. Ich werde krank. Auch die Modalverben werden häufig ohne zweites Verb genutzt: Ich will Spaghetti!

Haben oder Sein? Werden!

„Wer hat, der hat“, lautet eine ironische Redensart im Deutschen. Gemeint ist: Wer viel besitzt, kann sich auch viel leisten. Eine andere Redensart lautet: „Hast du was, bist du was.“ Das bedeutet so viel wie: Bist du reich, bist du meistens auch gesellschaftlich anerkannt.

Haben und sein können im Deutschen also wie Vollverben verwendet werden. Haben hat dann die Bedeutung von „besitzen“. Haben als Vollverb bezieht sich auf Objekte: Ich habe Geld, Kinder, Hunger, Angst, keine Ahnung.

Sein hat die Bedeutung von „etwas darstellen“ oder bezieht sich auf Befindlichkeiten. Dieses Sein betrifft also nicht nur feststehende Eigenschaften einer Person. Sein bezieht sich auf etwas, was meine Person von außen mit einer gewissen Dauer beschreibt: Ich bin Künstlerin. Ich bin Deutsche. Ich bin Vereinsmitglied. Ich bin ein Mann, eine Frau, ein Kind. Oder aber auf eine Eigenschaft: Ich bin hungrig, satt, zufrieden, reich, arm, froh.

Zwischen Haben und Sein liegt das Werden: Ich werde Feuerwehrmann. Aus dem Kind wird ein Erwachsener. So langsam werde ich hungrig.

Sein im kurzen Sprachvergleich

Diese Einteilung ist nicht für alle Sprachen gleich. Im Spanischen beispielsweise ist man nicht 20 Jahre alt, sondern hat 20 Jahre. Außerdem unterscheidet man in punkto sein zwischen den Verben ser und estar und damit zwischen dauerhaften (ich bin Spanier/ser) und vorübergehenden Eigenschaften (ich bin krank/estar). Das gilt nicht nur für Personen, sondern beispielsweise auch für Orte: Madrid ist (ser) die Hauptstadt von Spanien. Die Bibliothek ist (estar) geöffnet. In anderen Sprachen gibt es das Verb sein zwar, es wird aber nicht für die Präsensformen genutzt, sondern nur, um die Vergangenheit zu bilden. Man würde also im Präsens sagen: Ich Kino. In der Vergangenheit dagegen: Ich war im Kino.

Dass das Sein wichtiger ist als das Haben, zeigt sich in vielen Sprachen an der Konjugation, die eigenen Regeln folgt. Das Werden, das zukünftige Sein, stellt eine Art Mittler zwischen beiden dar:

sein                                     werden                                             haben                                               

ich bin                                ich werde                                         ich habe

du bist                                du wirst                                            du hast                                            

er/sie/es ist                      er/sie/es wird                                 er/sie/es hat                                  

wir sind                              wir werden                                      wir haben

ihr seid                               ihr werdet                                        ihr habt

sie/Sie sind                        sie werden                                       sie/Sie haben

Haben im kurzen Sprachvergleich

Manche Sprachen, so beispielsweise das Lettische, unterscheiden nicht so stark zwischen haben und sein. Okay, das ist schon übertrieben. Neutraler ausgedrückt: Sie drücken das „Haben“ anders aus.

 „Ich habe ein Haus“ würde im Lettischen beispielsweise durch „mir ist ein Haus“ ausgedrückt. Das dazu verwendete Verb ist die dritte Person von „sein“, der Besitzer erscheint im Dativ.

Modalverben

Eine Sonderform stellen im Deutschen auch die Modalverben dar. Dazu zählen können, sollen, wollen, müssen, dürfen und, wenn man so möchte, auch mögen sowie nicht (zu tun) brauchen. Modalverben fügen der Aussage eine neue Perspektive hinzu, sie modifizieren das Prädikat (die Satzaussage). An den folgenden Beispielen wird der Unterschied deutlich:

Ich lese.

Ich darf lesen.

Ich will lesen.

Ich muss lesen.

Ich soll lesen.

Ich kann lesen.

Modalverben treten also regulär mit einem zweiten Verb auf, dessen Aussage sie verändern. Das Modalverb erhält die Personalform, das zweite Verb erscheint im Infinitiv.

Dürfen bedeutet: Jemand hat es mir erlaubt.

Wollen bedeutet: Es ist mein Wunsch, dies zu tun. Niemand zwingt mich dazu. Wollen kann zusätzlich auf eine Absicht verweisen: Ich will morgen ein Buch lesen.

Müssen bedeutet: Die Entscheidung hängt nicht von meinem Willen ab. Ich muss das tun – weil es jemand von mir verlangt. Oder weil es eine Notwendigkeit gibt.

Sollen ist die kleine Schwester von müssen. Sollen bedeutet so viel wie: Jemand hat das gesagt oder angeordnet.

Können hat mehrere Bedeutungsvarianten. Es drückt eine Fähigkeit oder eine Möglichkeit aus. Ich kann lesen bedeutet also entweder: Ich habe das gelernt, bin fähig dazu. Oder: Ich habe die Wahl, ich kann das tun, muss es aber nicht. Manchmal dient können aber auch als Ersatz für dürfen: Ich kann auch zur Party kommen, meine Eltern haben es erlaubt.

Unvollständige Formen, die eine Aussage modifizieren

Im Deutschen gibt es einige Verben, die oft als Modalverben bezeichnet werden. Es handelt sich allerdings um unvollständige Formen.

brauchen

Brauchen beispielsweise wird oft als Synonym für müssen verwendet – allerdings nur, wenn ein Nicht-Müssen ausgedrückt wird und dann in der Verbindung mit nicht und zu: Du brauchst nicht zu lesen.

In der Umgangssprache wird das „zu“ oft weggelassen: Du brauchst nicht lesen. Grammatisch und mit Blick auf die Wortbedeutung ist das aber falsch. Ebenfalls nicht möglich ist es, zu sagen: Ich brauche (zu) lesen.

Solche Fehler ergeben sich daraus, dass brauchen regulär mit einem Objekt verwendet wird: Ich brauche ein Auto. Ich brauche etwas zu essen. Die Verneinung würde dann aber mit kein oder nichts ausgedrückt: Ich brauche kein Auto. Ich brauche nichts zu essen.

mögen

Mögen drückt ein Gefallen oder in der Verneinung ein Nicht-Gefallen aus: Ich mag Pizza, Musik und meine großen Schwestern. Es wird hier als Vollverb verwendet, ein zweites Verb ist nicht erforderlich.

In einigen Fällen kann man mögen jedoch als Modalverb nutzen, nämlich

  • verneinend: Ich mag noch nichts essen. Er mag nicht mit uns kommen.
  • einschränkend: Das mag so sein. Mag er es glauben oder nicht.
  • auffordernd: Möge der Geizhals an seinem Geld ersticken!

Um einen Wunsch oder eine höfliche Bitte auszudrücken, kann man den Konjunktiv II von mögen verwenden: Ich möchte meinen Pass abholen. „Möchten“ ist also ein höfliches Wollen. Als Alternative wird häufig „würde gern“ verwendet: Ich würde gern Herrn Meyer sprechen.

Weitere Sonderformen mit zweitem Verb als Ergänzung

Andere Verben wie wissen, sehen, hören oder lassen können sich ebenfalls mit einem zweiten Verb im Infinitiv verbinden: Ich weiß ihn zu schätzen, ich sehe das kommen, ich höre das Auto vorbeifahren. Ich lasse ihn holen, lasse etwas sein. Dabei handelt es sich im engeren Sinne aber nicht um Modalverben. Nicht die Aussage wird modifiziert (du darfst, sollst, musst, kannst oder willst gehen), sondern der Fokus der Aussage ändert sich. Statt über ein Ereignis (das Auto fährt vorbei) spreche ich über meine Wahrnehmung (ich sehe oder höre es vorbeifahren). Statt etwas zu tun, delegiere ich mein Handeln (tun lassen) oder unterlasse etwas (sein lassen).

Schummeln erlaubt: Modalverben ohne zweites Verb

Die Regel, dass Modalverben die Aussage eines zweiten Verbs verändern, trifft zwar immer zu. Nicht immer wird das zweite Verb aber genannt, zum Beispiel in folgenden Fragen oder Aussagen:

Darfst du das [tun]?

Willst du schon los [gehen]?

Ich muss mal [Pipi machen, zur Toilette gehen.]

Was soll das? [Wozu ist das gut? Warum tut man das?]

Kannst du morgen? [Hast du morgen Zeit oder die Erlaubnis, etwas zu tun?]

Möchtest du etwas Bestimmtes [tun oder haben]?

Dabei handelt es sich aber eben um Auslassungen, die möglich sind, weil der Kontext, in dem die Aussage getätigt wird, ohnehin klar ist.

Konjugation der Modalverben

Können                              Dürfen                                Wollen                               Sollen

ich kann                             ich darf                              ich will                                ich soll

du kannst                          du darfst                            du willst                             du sollst

er/sie/es kann                  er/sie/es darf                   er/sie/es will                    er/sie/es soll

wir können                        wir dürfen                         wir wollen                         wir sollen

ihr könnt                            ihr dürft                             ihr wollt                             ihr sollt

sie/Sie können                 sie/Sie dürfen                   sie/Sie wollen                   sie/Sie sollen

müssen                                             „Möchten“                                       nicht brauchen + zu

ich muss                                           ich möchte                                       ich brauche nicht (zu)

du musst                                          du möchtest                                    du brauchst nicht (zu)

er/sie/es muss                                er/sie/es möchte                           er/sie/es braucht nicht (zu)

wir müssen                                      wir möchten                                    wir brauchen nicht (zu)

ihr müsst                                          ihr möchtet                                     ihr braucht nicht (zu)

sie/Sie müssen                                sie/Sie möchten                             sie/Sie brauchen nicht (zu)

Man sieht, dass sich die Endungen von „möchte“, deutlich von denen der anderen Modalverben und von den regulären Präsensendungen unterscheiden. Das liegt eben daran, dass es sich um den Konjunktiv II handelt. Aber zu dessen Bildung kommen wir später.

Um die Probleme der Lernenden mit Modalverben zu verstehen, schau dir am besten an, wie in ihren Ausgangssprachen modale Aussagen getroffen werden. Im Russischen oder Lettischen beispielsweise wird die Bedeutung von sollen und müssen mit „nötig sein“ gebildet. Nehmen wir als Beispiel die Aussage: Ich muss Brot kaufen.

In vielen Sprachen würde man diese Aussage nicht mit einem Modalverb ausdrücken, sondern mit einer Umschreibung, beispielsweise mit „es ist nötig, Brot zu kaufen“ oder „es ist erforderlich, Brot zu kaufen“. Andere Sprachen wie das Türkische hängen die Modalform an das Verb an.

Viel zu einfach oder ganz schön schwer? Du hast noch Fragen oder möchtest eigene Beispiele aus deiner Muttersprache, deinen Sprachkenntnissen beisteuern? Ich freue mich auf Deinen Kommentar, den ich, sofern er keinen Spam enthält, gern freischalte! Im nächsten Beitrag geht es dann weiter mit den Tempusformen des Verbs.

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